RPA: Robotic Process Automation für OKRs
OKRs (Objectives and Key Results) sind im Mainstream angekommen. Organisationen jeglicher Form und Größe nutzen OKRs, um das Wachstum voranzutreiben,...
Die Geschäftswelt ändert sich. Moderne Business-Tools machen nicht nur viele Prozesse schneller und unkomplizierter, sie haben vor allem auch komplett neue Organisationsformen ermöglicht. Dank der nötigen Software, wie sie Atlassian mit JIRA, Confluence und HipChat bietet, können viele Unternehmen wesentlich agiler und flexibler Arbeiten. In Folge entstehen neue Organisationsmodelle wie beispielsweise Holacracy, das von Brian Robertson erfunden wurde.
Wenn Brian Robertson nach seiner Vision gefragt wird, antwortet er voller Überzeugung. „Ein Unternehmen voller Führungskräfte", antwortet er dann, "Leader, die mit anderen Führungskräften an einem Strang ziehen“. So führt der 37-Jährige seine Idee in einem Interview mit dem Blogger und Autor Paul Sohn weiter aus.
Robertson steht auch heute noch voll hinter seiner mittlerweile fast zehn Jahre alten Idee, die er Holacracy nennt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie feste Hierarchien abschaffen will und hochbezahlte Manager-Posten der Vergangenheit angehören lässt.
Schon auf der Webseite Holacracy.org macht Robertson subtil klar, wie vehement er diese Organisationsform vertritt. „All unsere Partner füllen verschiedene Rollen in unserem Unternehmen, deshalb können wir sie nicht hierarchisch anordnen; hier sind sie, in alphabetischer Reihenfolge“, heißt es auf der Seite. Es folgen Bilder mit den Profilen der Mitarbeiter – das von Robertson, dem Gründer und Erfinder dieser Organisationsform, folgt als vorletztes. "Er ist dankbar, keinen ausgefallenen Jobtitel oder spezielle Machtpositionen innezuhaben", heißt es in seinem Steckbrief.
Holacracy, zu Deutsch Holokratie, wurde 2007 von Robertson ins Leben gerufen und ist im Grunde eine Organisationstheorie, die eben nicht in eine strenge Hierarchie, sondern in „Rollen“ und „Kreise“ unterteilt ist. Dabei gibt es übergeordnete und untergeordnete Kreise. Innerhalb von Kreisen gibt es wiederum besagte Rollen, die von verschiedenen Mitarbeitern ausgefüllt werden. Dabei können einzelne Mitarbeiter mehrere Rollen in unterschiedlichen Kreisen belegen und innehaben.
Um die Verbindung zwischen den verschiedenen Kreisen zu gewährleisten, gibt es zudem Lead- und Rep-Links. Ein Lead Link vergibt Rollen innerhalb eines Kreises, ein Rep Link ist dafür da, die Arbeit aus einem Kreis transparent zu machen. Er hat dafür ebenfalls eine Stimme im übergeordneten Kreis, repräsentiert also seinen eigentlichen Kreis.
Zu dieser grundsätzlichen Struktur gibt es klar formulierte Regeln, die dafür sorgen, dass stets deutlich ist, was welche Rolle beinhaltet. Seit 2010 sind grundsätzliche Regeln über Abläufe in einer Art Verfassung, der Holacracy Constitution, festgehalten. Alleine das macht wiederum deutlich, dass Holacracy für Robertson mehr als nur ein Modell ist. Es ist nahezu eine Lebenseinstellung für den Mann, der seiner Zeit, die sich durch Hierarchien und machtvolle Managementposten auszeichnet, voraus zu sein scheint – es wäre nicht das erste Mal.
Denn schon im Alter von sechs Jahren brachte sich Robertson das Programmieren bei. Mit 13 programmierte er für 25 Dollar die Stunde für Kunden, denen er nichts von seiner Minderjährigkeit verriet. Heute arbeiten seine Partner über das ganze Land verteilt virtuell miteinander, treffen sich aber häufig, um bei Robertson Zeit zusammen zu verbringen: „Wir arbeiten, spielen, kochen und essen zusammen“, so Robertson, der sich als CEO „einsam gefühlt“ hat, weshalb er sich danach gesehnt habe, sich unter seine Mitarbeiter zu mischen.
Zurück zu Holacracy, dem wohl größten und bekanntesten Projekt des heute 37-Jährigen. Welche Vorteile bringt dieses System, hinter dem Robertson so leidenschaftlich steht, mit sich? Zunächst wären dabei die klaren Regeln, die formuliert sind und nicht von Vorgesetzten willkürlich geändert werden können. „Es gibt Regeln und Grenzen. Man hat sozusagen Schiedsrichter, um es mit einer Sport-Metapher auszudrücken“, sagt Robertson hierzu. Diese Rahmenbedingungen machen es zusätzlich möglich, Kreise und Rollen flexibel zu ändern. Es ist sogar möglich, Rollen, wenn nicht sogar ganze Kreise abzuschaffen, sofern sie das Unternehmen nicht voranbringen. Dies liegt meist in der Macht eines übergeordneten Kreises.Auch das bringt einige positive Aspekte mit sich. Denn durch diese Flexibilität können Prozesse sehr schnell geändert und verbessert werden. Teilweise werden Prozesse sogar einfach ausprobiert und mit dem Trial & Error-Prinzip ausgeschlossen, wenn sie nicht funktionieren. Diese einfach veränderbare Struktur lässt also eine experimentelle Vorgehensweise zu.
Insgesamt haben alle Mitarbeiter somit eine große Verantwortung. Robertson bezeichnet jedes Mitglied der Holacracy als „Leader“, da es keine Hierarchie gibt. Wechselnde Rollen der „Leader“ führen wiederum zu sehr abwechslungsreichem Arbeiten. Zudem wird die Verantwortung, die in der Regel ein Chef hat, auf mehrere Schultern verteilt. Das Prinzip, dass der Chef ein Flaschenhals ist, der alle Prozesse aufhält, da sich Aufgaben auf seinem Schreibtisch stapeln, ist somit ad acta gelegt. Das bedeutet gleichzeitig, dass Kommunikation direkter stattfindet. Die einzelnen Rollen stehen im unmittelbaren Austausch, welcher nicht mehr durch verschiedene Management-Ebenen transportiert werden muss.
Doch so vielversprechend, liberal, demokratisch und unkompliziert das auch klingen mag: Holacracy ist nicht immer die bahnbrechende Lösung, für die sie häufig verkauft wird. Zappos, ein Onlineshop für Schuhe und Modeartikel, machte im vergangenen Jahr auf sich Aufmerksam, als Tony Hsieh mit einer langen Memo verkündete, Holacracy als Unternehmensorganisation einzuführen. Dabei stellte er es den Mitarbeitern und Managern frei, für eine ordentliche Abfindung das Unternehmen zu verlassen, wenn sie mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sind. Die erste, kurzfristige Folge war, dass 210 der insgesamt rund 1.500 Mitarbeiter das Unternehmen verließen – darunter viele Führungskräfte. Binnen eines Monats wurden alle Mangerpositionen durch Holacracy abgeschafft, die einstigen Führungskräfte, die geblieben sind, wurden in Rollen verschoben und waren ihren Mitarbeitern nicht mehr vorgesetzt.
Nun sieht die Arbeit beim Unternehmen, das mittlerweile von Amazon aufgekauft wurde, wie folgt aus: Mitarbeiter bei Zappos haben im Durchschnitt 7,4 Rollen inne. Das ist nicht direkt ein Nachteil, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass Mitarbeiter weniger effizient arbeiten, wenn sie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen müssen. Was also immens wichtig wird, ist die Priorisierung von Arbeit.
Auch das Entlohnungssystem ist ein Neues. Hierbei stellt sich die Frage, wie man jemanden bezahlt, der so viele verschiedene Rollen gleichzeitig einnimmt und dessen Stelle nicht klar definiert ist? Im Fall von Zappos wurden die Mitarbeiter nach einiger Zeit wesentlich schlechter, dafür aber einheitlicher bezahlt.
Dennoch benötigt ein börsennotiertes Unternehmen wie Zappos Hierarchien, alleine um das Reporting zu gewährleisten. Als „rein formell“ wurde es dort abgestempelt und soll keinen Einfluss auf die Arbeit im Rollen-System haben.
Doch gerade an dieser Stelle offenbart sich ein weiteres Problem der Holokratie. Denn obwohl in der Theorie alle Mitarbeiter mehr oder weniger gleichgestellt sind, gibt es in Unternehmen nun Mitarbeiter, die die selbe Rolle innehaben wie ihr ehemaliger Chef. Stellt sich also die Frage, ob diese Anpassung für beide Seiten so einfach ist, da sich auch ein ehemaliger Manager damit abfinden muss, seine Rolle im System zu finden.
So werden, das zeigte auch das Beispiel Zappos, von heute auf morgen alle Hierarchien abgeschafft – und irgendwie doch nicht. Denn im Endeffekt gibt es weiterhin übergeordnete und untergeordnete Kreise, die stark an Hierarchien erinnern. Trotzdem sind die Berechtigungen für jeden Mitarbeiter gleich. Wenn die Struktur in Rollen oder Kreisen modifiziert werden soll, wenn Mitarbeiter Kritik äußern oder auf Schwachstellen hinweisen möchten, findet dies in einem geregelten Governance Process statt.
In Governance Meetings kann die gesamte Struktur von Kreisen sowie die Rollen darin verändert werden. In der Holacracy-Verfassung ist dabei strikt vorgegeben, wie diese Meetings ablaufen. So ist genau festgehalten, an welcher Stelle eine Diskussion stattfinden darf oder wann Kritikpunkte und Aussagen einfach im Raum stehen bleiben sollten.
Am Ende bleibt Holacracy ein Phänomen, das in vielen Unternehmen erfolgreich eingeführt wurde: Die gesamte Organisationsform ist sehr liberal und demokratisch, die Vorgaben dafür sind jedoch sehr strikt und geben vergleichsweise wenig Spielraum. Die Vorteile, die dieses Modell aber bietet, werden am ehesten ausgeschöpft, wenn man sich konsequent an die Holacracy Constitution hält, auch wenn diese relativ viele Sachverhalte explizit vorschreibt.
Holacracy scheint also nicht für jedes Unternehmen und jeden Charakter geschaffen. Bud Caddell, Gründer von NOBL Collective, drückte es drastisch aus: „Holacracy fühlt sich an, als spiele man ein Spiel Management Dungeons & Dragons. Solche Modelle sind von Leuten erschaffen worden, die komplexe Prozesse genießen können. Der Rest von uns ist einfach anders.“
Quellen:
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